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Vom höfischen Tanz zur darstellenden Kunst: Woher kommt Ballett?

Schon seit Uhrzeiten tanzen Menschen, um Geschichten zu erzählen und ihre Gefühle auszudrücken. Von den Inuit im Norden bis hin zu den australischen Ureinwohnern: Fast jede Kultur auf unserem Planeten hat über die Jahre hinweg ihre eigenen Tänze mit charakteristischen Bewegungen, Musik und Kostümen kreiert. Das klassische Ballett ist hierbei eine besondere Form des Tanzens, da es nicht ausschließlich einem Land oder einem Kulturkreis zugeordnet werden kann. Es zeichnet sich durch seine rigorose Technik und festgelegte Schritte aus, die sich über Jahrhunderte hinweg entwickelten und immer weiter perfektioniert wurden. Doch woher kommt Ballett und wie ist es entstanden? Wir gehen dem Ursprung der Tanzart auf die Spur und stellen dir die Geschichte des Balletts kurz vor.


Woher kommt Ballett? Entwicklung in mehreren Kulturen

Wer heutzutage eine Ballerina auf Spitze tanzen oder einen Tänzer über die Bühne springen sieht merkt schnell, wie viel Stärke, Training und Anstrengung hinter den Bewegungen stecken. Es existieren hunderte Ballettbegriffe, wobei jeder Schritt, jede Kopfhaltung und jede Drehung genau festgelegt sind und ihre eigenen Bezeichnungen haben. Ausdrucksstarke Musik, imposante Kostüme und Bühnenbilder untermalen die Bewegungen, sodass ausführliche Geschichten erzählt werden. Diese Komplexität ist nicht über Nacht entstanden, sondern hat sich langsam in verschiedenen Ländern entwickelt. Während sich die Entstehung vieler Tanzarten nicht zuverlässig zurückverfolgen lässt, ist die Geschichte des Balletts ausführlich dokumentiert und kann bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgt werden.


Unterhaltungsform für Adelige: Die frühen Jahre

Der Begriff Ballett kommt vom italienischen Wort Balletto und bedeutet übersetzt "kleiner Tanz". Wie der Name bereits erahnen lässt, beginnt die Geschichte des klassischen Tanzes in Italien. Die ersten Formen des Balletts entwickelten sich im 15. und 16. Jahrhundert aus höfischen Tänzen zunächst in Italien und anschließend auch in Frankreich. Diese frühen Ballettaufführungen waren nur dem wohlhabenden Adel vorbehalten und wurden auf fürstlichen Höfen zu verschiedenen Anlässen als Unterhaltung vorgeführt. Der Bühnentanz kombinierte tänzerische Elemente, Musik und Mimik miteinander und schuf eindrucksvolle Darstellungen. Es heißt, dass die Italienerin Katharina von Medici nach ihrer Heirat in die französische Königsfamilie die Tanzform nach Frankreich brachte. Sie finanzierte das Ballett am französischen Hof und organisierte große Feste, bei denen Tänze mit aufwendiger Dekoration, Kostümen und Musik aufgeführt wurden. So verbreitete sich der Tanz nach und nach in Frankreich.


Verbreitung in Frankreich: Die erste professionelle Ballettschule

Während die Ursprünge des Balletts in Italien begannen, war Frankreich das Land, welches die Kunstform verbreitete und dem Tanz einen professionellen Charakter gab. Ausschlaggebend dafür war der französische König Ludwig XIV, der selbst begeisterter Tänzer war. Er tanzte bei vielen Tanzvorstellungen mit und liebte die Rolle der aufsteigenden Sonne im “Ballet de la nuit”, wodurch er den Spitznamen "Sonnenkönig" bekam. Das sorgte nicht nur für die große Popularität der Kunstform, sondern trug dazu bei, dass Tanzen einen professionellen Charakter erhielt. Im Jahr 1661 gründete Ludwig XIV in Paris die Academie Royale de danse. Hierdurch erfuhr die Balletttechnik eine große Weiterentwicklung und Stücke wurden zunehmend von professionellen Tänzern aufgeführt. Ab 1681 durften auch Frauen die Kunst des Balletts lernen und auf der Bühne tanzen.

Von einzelnen Tänzen zur Narration: Ballet als eigenständige Kunstform

Obwohl die Ballettaufführungen ein gemeinsames Motiv besaßen, waren sie lange Zeit nicht durch eine durchgängige Handlung verbunden. Verschiedene Tänze bei Tanzauftritten hatten ähnliche Charakteristiken wie beispielsweise Kostüme, jedoch darüber hinaus keine inhaltlichen Zusammenhänge. Das änderte sich Mitte des 18. Jahrhunderts, als Jean Georges Noverre seine Vision, die Kombination von Drama und Tanz vorstellte. Er vertrat die Ansicht, dass das Ballett als eigene Kunstform angesehen werden sollte. Im Jahr 1763 wurde sein Ballett Medea und Jason in der Pariser Oper vorgeführt und ebnete den Weg zum Handlungsballett. Weitere Ballette mit zusammenhängender Handlung wie La Fille mal gardée (1789) folgten. Als sich in der Zeit der Französischen Revolution das Ballett zunehmend von der Oper löste, entwickelten sich zahlreiche neue Tanztechniken und Bühnenausstattungen. So entstanden die Vorläufer der narrativen Ballette des 19. Jahrhunderts.


Das 19. Jahrhundert: Russland schreibt Ballettgeschichte

Die romantische Bewegung im 19. Jahrhundert beeinflusste Musik, Kunst und Ballett maßgeblich. Das Tanzen auf der Spitze wurde zur Norm und die erste Version des Tutus wurde eingeführt. In der ersten Hälfte des Jahrhunderts entstanden klassische Ballette wie Giselle und La Sylphide, die sich unter anderem mit der übernatürlichen Welt und Magie beschäftigten und die menschliche Zerbrechlichkeit thematisierten.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verbreitete sich die Tanzart erstmals in Russland und erreichte eine nie da gewesene Popularität. Russische Komponisten und Choreografen wie Marius Petipa und Pjotr Tschaikowsky verschrieben sich dem Ballett und schufen Meisterwerke wie Schwanensee, Dornröschen und Nussknacker. Anspruchsvolle Schritte und komplizierte Sequenzen wurden in die Handlung choreografiert und zeigten die Balletttechnik in ihrem vollen Umfang. Noch heute gilt Dornröschen als eines der technisch anspruchsvollsten Ballette überhaupt.

Die Renaissance des klassischen Balletts

Im 20. Jahrhundert begannen einige russische Choreografen, die aus der Sowjetunion flohen, mit der klassischen Balletttechnik, der Musik und den Kostümen zu experimentieren. Der nach Amerika ausgewanderte George Balanchine begründete mit der Balanchine Methode eine frische, moderne Art des Balletts und schuf neue Standards bei den Bewegungen. Das Ballett kehrt sich wieder von der Handlung ab und erzählt keine bestimmte Geschichte. Die Bewegungen sollen mit der Musik menschliche Emotionen zum Ausdruck bringen. Werke wie Jewels und Serenade erreichten große Popularität und werden regelmäßig von großen Ballettensembles aufgeführt. Noch heute wird in den USA in der Regel die Balanchine-Methode in Tanzschulen gelehrt.

Ballett: Wichtige Kunstform mit jahrhundertelanger Tradition

Das Ballett hat eine faszinierende Reise von seinen Wurzeln in Italien und Frankreich bis hin zur globalen Anerkennung als eigenständige Kunstform durchlaufen. Während das klassische Ballett mit ikonischen Werken wie Schwanensee und La Sylphide immer noch weltweite Anerkennung findet und für seine Technik und Ästhetik bewundert wird, eröffnet die moderne Tanzszene neue Horizonte. Die Integration zeitgenössischer Elemente wie Kostüme, Bühnenbilder, Handlungen und Musik prägen das Ballett und werden uns auch in Zukunft weiterhin neue Darstellungsmöglichkeiten geben.